Wednesday, October 12, 2011

Richterstuhl Christi: das Preisgericht

(Geschrieben von Thomas Lieth)
«Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, damit jeder das empfängt, was er durch den Leib gewirkt hat, es sei gut oder böse» (2.Kor 5,10).

Bei den Empfängern des zweiten Korintherbriefes handelte es sich um Kinder Gottes, um wiedergeborene Seelen, die einst beim Herrn sein werden. Und doch ist in 2. Korinther 5,10 von einem kommenden Gericht die Rede. «Denn wir alle», so steht es geschrieben, «müssen vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden». Der Apostel Paulus bezieht sich ausdrücklich mit ein, indem er «wir» sagt. Auf den ersten Blick scheint das ein Widerspruch zu sein, wenn es demgegenüber in Johannes 5,24 heisst: «Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist vom Tod zum Leben hindurch gedrungen.
» Ein Widerspruch ist dies aber nur dann, wenn man nicht berücksichtigt, dass es verschiedene Gerichte gibt. Paulus erwähnt in seinem Brief an die Gläubigen in Korinth ein völlig anderes Gericht als Jesus im Johannesevangelium. Auch wir Christen werden uns einst vor Gericht verantworten müssen. Dabei geht es aber ausschliesslich um unseren Lohn und nicht um das Urteil über unsere Sünden. Unsere Schuld ist durch das kostbare Blut des Herrn Jesus, das Er für uns am Kreuz von Golgatha vergossen hat, gesühnt, und zwar ein für alle Mal! «Denn mit einem einzigen Opfer hat er die für immer vollendet, welche geheiligt werden. … und ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nicht mehr gedenken» (Hebr 10,14.17). In Kolosser 2,13-15 ist zudem die Rede davon, dass der Herr unseren Schuldschein ausgelöscht hat und dass Er über die Sünde und den Tod triumphiert. Und an anderer Stelle heisst es, dass wir an diesem Sieg teilhaben. «Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus …» (2.Kor 2,14). Was wäre das für ein Triumph, wenn ein Christ schlussendlich doch wieder verloren gehen könnte? Was wäre das für ein Sieg, wenn der allmächtige Gott, der Seinen eigenen Sohn nicht verschonte, sich Seine auserwählten und erlösten Kinder von Satan wieder entreissen lassen würde? Nein, das wäre kein Triumph. Wir aber sind Sieger durch Ihn, und zwar bereits jetzt: «Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!» (1.Kor 15,57).

Unsere Schuld ist gesühnt, ein für alle Mal, unserer Sünden wird nicht mehr gedacht. Der Schuldschein ist zerrissen und nicht nur beiseitegelegt. Das ist vollständige Vergebung! Da ist nichts mehr, was uns erlöste Kinder Gottes noch anklagen könnte. Diesbezüglich müssen wir also auch nicht mehr ins Gericht: «Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet …» (Joh 3,18).

Worum geht es beim Preisgericht? Wie können wir uns das vorstellen? Jeder Vergleich hinkt natürlich, aber ich möchte das einmal mit einer Oscar-Verleihung vergleichen. Alle, die zu diesem Anlass geladen sind, werden ja nicht niedergemacht und beschimpft, sondern dürfen als ausgewählte und privilegierte Gäste an einem grossen Fest teilnehmen. Und viele von ihnen werden gelobt, mit Oscars ausgezeichnet, bekommen einen Blumenstrauss, ein Küsschen auf die Wange und so weiter und so fort. Aber nicht jeder bekommt einen Oscar. Natürlich mag jetzt manch einer enttäuscht darüber sein, dass er keinen, jene Zicke aber einen Oscar bekommen hat, doch von der Sache her freut sich auch derjenige, der sich nur am Büffet bedienen darf – nach dem Motto: Dabei sein ist alles! Letztlich ist es für jeden etwas Schönes, wenn auch mit unterschiedlichen Freuden und Auszeichnungen.

2. Korinther 5,10 besagt, dass «jeder das empfängt, was er durch den Leib gewirkt hat, es sei gut oder böse». Folglich geht es um unsere Werke und somit um die Frage, wie wir mit den uns anvertrauten Gaben gehaushaltet haben. Welche Frucht haben wir als Knechte Gottes eingefahren bzw. welche Saat haben wir ausgestreut? Diese Dinge werden im Preisgericht offenbar und dementsprechend erhalten wir unseren Lohn. Ein Christ ist aufgefordert, Frucht zu bringen und sich nicht allein mit seiner Erlösung zu begnügen, sondern durch gute Werke dem Herrn zu dienen und Ihm Freude zu bereiten. Das ist unser Auftrag: «Denn wir sind sein Werk, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen» (Eph 2,10). Was sind nun aber gute Werke? Das sind Taten und Worte, die dazu beitragen, dass der Name Gottes verherrlicht wird: «So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen» (Mt 5,16). Haben wir das recht verstanden? Jedes Wort, das dazu beiträgt, und jede Tat, die dazu beiträgt, dass der Name Gottes gepriesen und verherrlicht wird, ist ein gutes Werk.

Der Verbrecher am Kreuz hatte nicht wirklich Gelegenheit, als Kind Gottes Gutes zu tun, aber allein sein Bekenntnis: «Wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Unrechtes getan» (Lk 23,41), war eine gute Tat, weil dadurch der Name des Herrn Jesus verherrlicht wurde. Wenn ich beispielsweise als Prediger das Wort weitergebe, und die Gemeinde nach dem Gottesdienst zu dem Urteil kommt, was für ein toller Hecht der Prediger sei, dann war meine Rede gewiss kein gutes Werk, da ich offensichtlich vom Wesentlichen abgelenkt habe, statt auf Ihn zu weisen. Kommen die Hörer aber zum Urteil: «Wir haben einen grossen Gott, einen wunderbaren Erlöser; gelobt sei der Herr Jesus!», dann war die Botschaft ein gutes Werk.

Auf welches Ziel ist Ihr Werk ausgerichtet? Geht es darum, Menschen zu gefallen, darum, sich selbst zu beweihräuchern, oder geht es darum, den wundervollen Namen des Herrn Jesus zu rühmen? Ein jeder von uns steht in der Verantwortung, die uns anvertrauten Gaben zur Verherrlichung unseres grossen und allmächtigen Gottes einzubringen. Dabei geht es weniger darum, wie viel jemand getan hat, sondern mit welcher Hingabe und in welcher Treue er seinen Dienst verrichtet hat.

«Im Übrigen wird von einem Haushalter nur verlangt, dass er treu erfunden wird» (1.Kor 4,2). Gott erwartet von uns gar keine grossen, aussergewöhnlichen Heldentaten. Er erwartet unsere aufrichtige Treue – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Eines können wir uns diesbezüglich hinter die Ohren schreiben: Der Herr kennt unser Herz, Ihm können wir nichts vorschwindeln. Wie leicht kommt es uns doch über die Lippen: «Alles für den Herrn, alles zur Ehre Gottes», während unser Herz eine andere Sprache spricht.

Beim Preisgericht wird dann nicht unsere schauspielerische Leistung beurteilt, sondern unsere aufrichtige Treue. Alles, was ein Christ im Leben besitzt, sind Gaben Gottes. Und je mehr uns anvertraut ist, über desto mehr werden wir Rechenschaft ablegen müssen. Der Massstab ist dabei nicht, ob wir uns bei den Menschen mit unseren Gaben beliebt gemacht haben, ob uns diese schätzen, loben und auf die Schulter klopfen, sondern ob wir die uns anvertrauten Gaben treu und aufrichtigen Herzens dem Herrn zur Verfügung gestellt haben.

Haben Sie die Gabe des Redens? Dann halten Sie bitte keine karnevalistische Büttenrede, sodass sich der Saal vor Lachen biegt, sondern verkündigen Sie den auferstandenen Herrn Jesus Christus! Haben Sie die Gabe des Schreibens? Dann schreiben Sie bitte keine ellenlangen philosophischen Abhandlungen – die sowieso zu nichts nütze sind –, sondern schreiben Sie für den Herrn! Haben Sie die Gabe des Gebens? Dann werfen Sie Ihr Geld nicht in einen Spielautomaten oder in einen Glücksbrunnen, sondern geben Sie es für den Herrn! Haben Sie die Gabe des Dienens? Dann dienen Sie nicht weltlichen Organisationen – «Lasst die Toten ihre Toten begraben» –, sondern dienen Sie dem Herrn! Haben Sie flinke und geschickte Hände? Dann bauen Sie kein Haus auf Sand, sondern auf den Felsen, der Jesus heisst! Es gibt wohl keine Gemeinde und kein Missionswerk, das nicht für jede Hilfe froh und dankbar ist, in welcher Form und Art auch immer sie sein mag. Bei uns Christen liegen viele Kapazitäten ungenutzt vergraben, weil wir zum einen träge geworden sind und zum anderen keinen Mut zum Dienen mehr besitzen. Und so schlummern die Christen samt ihren Gaben dahin. Da kann man schon nicht mehr nur von einem Winterschlaf sprechen, sondern eher von einer Vierjahreszeitenmüdigkeit. Man stelle sich nur einmal vor, ein jedes Kind Gottes würde seine Gaben voll und ganz in den Dienst des Herrn stellen. Was wäre das für eine geballte Kraft hier auf Erden! Stattdessen kratzen sich die Gemeinden noch gegenseitig die Augen aus. Man sieht immer nur das Trennende und vergeudet Zeit und Kraft mit unnützen Grabenkämpfen, statt gemeinsam den Herrn Jesus in das Zentrum aller Aktivitäten zu stellen.

In 1. Korinther 3,11-15 heisst es: «Denn einen anderen Grund kann niemand legen ausser dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn aber jemand auf den Grund Gold, Silber, kostbare Steine, Holz, Heu, Stroh baut, so wird das Werk eines jeden offenbar werden, denn der Tag wird es klarmachen, weil er in Feuer geoffenbart wird. Und wie das Werk eines jeden beschaffen ist, das wird das Feuer erweisen. Wenn jemandes Werk bleiben wird, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen; wenn jemandes Werk verbrennen wird, so wird er Schaden leiden, er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer.»

Das Fundament der Christen ist Jesus Christus. Dieses Fundament ist gelegt aus Gottes Gnaden. Es ist ein Geschenk. Vergleichen wir das mit einem Haus. Das Fundament ist vorgegeben und für alle Christen dasselbe. Nun fängt jeder Christ individuell an, auf diesem Fundament ein Häuschen zu errichten. Das sind unsere Werke. Und jetzt stellt sich die spannende Frage: Wird das Haus den Prüfungen standhalten? Sturm, Hagelschlag oder sogar Feuer? Derjenige, dessen Werk bestehen wird, das er auf das Fundament des Christus gebaut hat, wird im Preisgericht eine Belohnung erhalten: «Wenn jemandes Werk bleiben wird, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen» (V 14; vgl. 2.Tim 4,8). Derjenige jedoch, dessen Werk verbrennen wird, wird Schaden oder Verlust erleiden (V 15). Das Fundament selbst wird dabei jedoch unbeschadet bleiben. Das heisst, das Heil, das sich ja auf das Fundament stützt und gründet, wird der jeweilige Christ nicht verlieren: «Er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch» (V 15). Denken wir an das Beispiel der Oscar-Verleihung. Die Einladung steht, unwiderruflich, man ist bei der Verleihung dabei, ja, sogar für einen Oscar nominiert, aber man erhält dann keinen. Doch deswegen wird man weder ausgebuht noch des Saales verwiesen. Bei einem solchen Vergleich müssen wir natürlich aufpassen, dass wir nicht zu menschlich denken. Bei all diesen Dingen, die die Zukunft tangieren, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass wir einen Bereich berühren, der unsere Vorstellungskraft bei weitem sprengen, und all unser logisches Denken ad absurdum führen wird. Menschlich betrachtet könnte manch einer denken: «Na ja, dabei sein ist auch nicht schlecht, besser als nicht eingeladen zu sein, warum noch nach einem Oscar streben? Hauptsache erlöst!» Ein anderer denkt sich hingegen: «Wie schrecklich muss es im Preisgericht sein, wenn ich erlebe, was für eine Belohnung ich hätte erhalten können und wie wenig ich tatsächlich bekomme.» Ich weiss nicht, wie es vor dem Richterstuhl des Christus wirklich sein wird, aber wir sollten uns einerseits bewusst sein, dass das Preisgericht keine Strafe, sondern eine Belohnung beinhaltet, und doch auch zugleich daran denken, wie beschämend es sein muss, wenn offenbar wird, dass wir den Herrn betrübt haben. «Und nun, Kinder, bleibt in ihm, damit wir Freudigkeit haben, wenn er erscheint, und uns nicht schämen müssen vor ihm bei seiner Wiederkunft» (1.Joh 2,28). Jemand sagte einmal: «Wer den traurigen Aspekt des Preisgerichtes übertreibt, macht den Himmel zur Hölle. Wer den traurigen Aspekt des Preisgerichtes jedoch vernachlässigt, unterschätzt die Bedeutung der Treue.»

Wie kann man beim Preisgericht eine Belohnung empfangen? Schon die Apostel haben sich mit der Frage beschäftigt, wer wohl der Grösste von ihnen sei und wem es zustehen möge, zur Rechten und zur Linken des Herrn zu sitzen (Mt 20,20ff.; Mk 9,33ff.). Der Mensch ist und bleibt ein egoistisches und selbstsüchtiges Wesen. Das erkennen wir nicht nur an den Jüngern, sondern vor allem an uns selbst. Von wegen: «Alles zur Ehre Gottes», das gebrauchen wir meist nur als fromme Floskel. In der Regel geht es uns nicht um die Verherrlichung Gottes, sondern um Anerkennung, um Lob, Ruhm und Lohn. Deshalb ist unsere Menschenfurcht oftmals grösser als die gebotene Gottesfurcht.

Weswegen wollen Sie eigentlich in den Himmel? Der eine will in den Himmel, damit er nicht in die Hölle muss. Die andere will in den Himmel, weil sie glaubt, dort ihren verstorbenen Ehemann wiederzufinden. Und ein dritter will in den Himmel, um seinen «Oscar» abzuholen. Jedes dieser drei Motive ist höchst selbstsüchtig. Ob wohl jemand auf die glorreiche Idee kommt, zu sagen: «Ich will in den Himmel, um meinem grossen Gott und Heiland zu dienen. Ich will in den Himmel, um Ihm Danke zu sagen»? Die grösste Belohnung mag für uns darin liegen, dass wir erlöst sind, ewiges Leben haben und Gott von Angesicht zu Angesicht schauen dürfen. Das alles ist uns durch den Glauben an den auferstandenen Sohn Gottes bereits verheissen, und niemand kann uns das streitig machen. Wir sind bei der «Oscar-Verleihung» dabei und unsere «Eintrittskarte» ist das vergossene Blut des Herrn Jesus! Die Belohnung aber, um die es im sogenannten Preisgericht geht, wird in der Bibel mit Siegeskränzen bzw. Kronen symbolisiert (Jak 1,12; 1.Petr 5,4; Offb 3,11).

«Wisst ihr nicht, dass die, welche in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber einer den Preis empfängt? Lauft so, dass ihr ihn erlangt! Jeder aber, der kämpft, ist enthaltsam in allem; jene freilich, damit sie einen vergänglichen Siegeskranz empfangen, wir aber einen unvergänglichen. Ich laufe nun so, nicht wie ins Ungewisse; ich kämpfe so, nicht wie einer, der in die Luft schlägt; sondern ich zerschlage meinen Leib und knechte ihn, damit ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt, selbst verwerflich werde» (1.Kor 9,24-27).

Wie in einem Wettkampf, so sollten auch wir in unserem Leben alle Kraft für die Sache des Herrn einsetzen. Nicht um eines Menschenlohns oder unserer eigenen Beweihräucherung willen, das wäre ein vergänglicher Preis. Nein, in unserem Kampf geht es um einen unvergänglichen Siegeskranz. Und dafür lohnt es sich wahrhaftig, gut vorbereitet und hoch motiviert alle Gaben einzusetzen, um dem Herrn zu dienen und unserem Auftrag gerecht zu werden. Hier auf Erden geht es um die Bereitschaft zum Dienen. Und diese Bereitschaft wird wahrlich nicht unbelohnt bleiben. Wie sagte doch der Herr Jesus Seinen Jüngern: «Wer unter euch gross werden will, der sei euer Diener» (Mk 10,43).

Ein Wettkämpfer – um auf das Beispiel von Paulus zurückzukommen – wird sich nicht zuvor noch betrinken und den Bauch voll schlagen. Er wird enthaltsam sein und auf eine gesunde Ernährung achten. Warum machen wir es nicht ebenso? Enthaltsamkeit. Das heisst, darauf bedacht sein, unnötigen und belastenden Kram abzulegen – der Sünde, die uns von einem geheiligten Leben fernhält, zu entsagen – und stattdessen gesunde, geistliche Nahrung zu uns zu nehmen. Was ist für uns Christen eine gesunde Nahrung? Nicht Müsli-Riegel und Energydrinks, sondern das Wort Gottes und die Lehre Jesu Christi. Paulus wusste: Es gilt, allen weltlichen Dingen zu entsagen, um einen unvergänglichen Siegeskranz zu erringen, um vollen Lohn zu erhalten, um einst in einem privilegierten Dienst für den Herrn stehen zu dürfen, «damit ich nicht anderen verkündige und selbst verwerflich werde» (V 27).

Paulus hatte keinerlei Bedenken bezüglich seines Heils. Nein, Paulus hatte Heilsgewissheit – eine Gewissheit, wie sie jeder Christ haben darf. Er fürchtete nicht um sein Seelenheil, aber er wusste um die Tatsache des verlierbaren Lohnes. Und so wird auch ein Kind Gottes nicht davor gewarnt, womöglich sein Heil zu verlieren, sondern ermahnt, darauf zu achten, die Belohnung nicht zu verlieren: «Lasst nicht zu, dass euch irgendjemand um den Kampfpreis bringt» (Kol 2,18). Der Kampfpreis, das ist der Lohn und hat nichts mit Heil oder Unheil zu tun. «Seht euch vor, dass wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen!» (2.Joh 8). Man kann also etwas von seinem Lohn einbüssen, aber auch hier wieder steht das Heil nicht zur Diskussion. «Siehe, ich komme bald; halte fest, was du hast, damit dir niemand deine Krone nehme!» (Offb 3,11). Auch diese Krone steht für den Lohn und nicht für das Heil.

Auch ein Paulus hatte seine Kämpfe, wie ein jeder von uns, aber er konnte sagen: «Ich bezwinge meinen Leib und behandle ihn als Sklaven» (1.Kor 9,27). Wie nur schaffte Paulus das? Durch die Kraft des Heiligen Geistes. Er war ständig im Gebet und im Dienst mit dem Herrn verbunden. Und so war es möglich, dass nicht der Leib ihn, sondern er den Leib beherrschte. Je mehr Sie beten, je mehr Sie dienen, je mehr Sie in der Heiligen Schrift lesen – und so den Herrn zu sich reden lassen –, desto weniger Zeit werden Sie für dumme und unzüchtige Gedanken haben. Der Heilige Geist will Sie verändern. Er will Sie umgestalten in das Bild des Herrn Jesus. Die Frage ist nur, geben Sie dem Heiligen Geist den nötigen Raum und die Zeit dazu? Die Erlösung ist uns geschenkt. Nichts können wir dem Herrn dafür geben, weil wir die Erlösung ohnehin durch nichts begleichen könnten (Hebr 10,18). Das einzige, was wir dem Heiland schulden und Ihm bringen können, ist ein Leben der Hingabe und der völligen Treue, nämlich unsere Leiber darzustellen, als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer (Röm 12,1-2). Diese Hingabe, dieses völlige Sich-Dahingeben, wird gewisslich nicht unbelohnt bleiben.

Was ist die Belohnung beim Preisgericht? «Was ihr auch tut, arbeitet von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen, da ihr wisst, dass ihr vom Herrn als Vergeltung das Erbe empfangen werdet; ihr dient dem Herrn Christus. Denn wer unrecht tut, wird das Unrecht empfangen, das er getan hat; und da ist kein Ansehen der Person» (Kol 3,23-25). Alles für den Herrn! Je eher Sie diesem Anspruch nachjagen, desto grösser wird Ihr Lohn sein.

Wenn wir auch nicht genau wissen, wie das Leben in der Gegenwart Gottes letztlich wirklich aussieht, so glaube ich doch sagen zu dürfen, dass zumindest ein wichtiger Punkt die Anbetung und das Dienen sein wird. «Ich will in den Himmel, um meinen grossen Gott und Heiland zu dienen …» Ja, ich glaube, dass es tatsächlich darauf hinauslaufen wird. Könnte es sein, dass unsere Belohnung im Grad des Dienens liegt? Und zwar nicht: «Je grösser meine Belohnung, umso weniger muss ich dienen», sondern genau umgekehrt: «Je grösser meine Belohnung, desto mehr darf ich meinem Herrn und Heiland dienen.» Jetzt wird’s manch einem ganz schwindelig: «Dienen? Ich will doch nicht in den Himmel, um zu dienen; dann lieber Harfe spielen.» Aber, gemach, gemach! Lesen wir einmal Offenbarung 22,3: «Es wird keinen Fluch mehr geben; und der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein, und seine Knechte werden ihm dienen.» Wer sind die Knechte Gottes und des Lammes? Die Erlösten, die einst beim Herrn sein werden! Demzufolge liegt die höchste Erfüllung, die grösste Belohnung, tatsächlich im Dienst für den Erlöser. Dieses Dienen in der Ewigkeit wird allerdings nichts mit Dienerschaft oder gar Knechtschaft im herkömmlichen Sinne zu tun haben. Wir werden zwar einerseits tatsächlich Knechte genannt, genauso aber auch Priester und Könige, Brüder und Freunde Jesu sowie Gottes Kinder und Erben. So heisst es zum Beispiel in Offenbarung 21,7: «Wer überwindet (wir könnten auch sagen: Wer treu bleibt), der wird alles erben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.» Es ist sogar davon die Rede, dass wir mitregieren und mitherrschen werden. Denn gemäss Offenbarung 22,5 werden die Knechte, die Gott dienen «herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit». Dieses Mitherrschen ist auch ein Dienst. Denn wir regieren ja nicht für uns selbst, sondern für den Herrn und mit dem Herrn.

Beachten wir: Offenbarung 22,4 spricht zudem davon, dass wir Sein Angesicht sehen werden und Sein Name auf unseren Stirnen sein wird. Sein Name, Sein heiliger Name, wird auf unseren Stirnen stehen. Das heisst: Wir sind Sein Eigentum, nichts kann uns mehr von der Liebe und von der Gegenwart Gottes und des Lammes trennen. Auf immer und ewig sind wir Sein! Welch ein Privileg ist das, in der unmittelbaren Gegenwart des heiligen und allmächtigen Schöpfers dienen zu dürfen! Nämlich dort, worüber in den ersten Versen von Offenbarung 21 geschrieben steht: «Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen … und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, weder Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein …» In der besonderen Gunst des heiligen und allmächtigen Schöpfergottes zu stehen, sogar zu Seinem engsten Kreis zu gehören, sich ständig in der Gegenwart des Erlösers aufhalten zu dürfen – wenn das kein erstrebenswerter Lohn ist?! Da kann man wirklich von einem privilegierten Dienst sprechen, nach dem sich Paulus ausstreckte und der der Grund zu überschwänglicher Freude sein wird. Es wird ein Dienst voller Erfüllung, ohne Sorgen und ohne Entbehrungen sein – im wortwörtlichen Sinne ein himmlischer Dienst. Wenn wir das mit unserem beschränkten Verstand auch nicht wirklich fassen können, so wird es doch nichts Schöneres geben, und wir werden auch niemals etwas Schöneres erlebt haben, als in der unmittelbaren Gegenwart Gottes zu leben, Ihm zu dienen und Ihn anbeten zu dürfen. Mit Worten können wir niemals auch nur annähernd beschreiben, was wir einst in der Gegenwart Gottes erleben und erfahren dürfen, ja, was es bedeuten wird, mit Ihm zu herrschen, Seine Kinder und Erben zu sein und Ihm zugleich zu dienen.

Die Tatsache, dass jeder Gläubige eines Tages vor Gott stehen und über sein Leben Rechenschaft ablegen wird, sollte uns ermutigen, treu zu sein und unsere Prioritäten im Leben an der Frage auszurichten, wie unsere Werke in Wort und Tat einst in der Ewigkeit bewertet werden. Nicht die Grabesrede über uns sollte voller Lobeshymnen sein, sondern die Rede Gottes im Preisgericht, wenn der Herr und Heiland unsere Werke beurteilt. Eines steht fest, die Freude wird im Preisgericht überwiegen, da wir des ewigen Lebens teilhaftig werden, den Herrn von Angesicht zu Angesicht sehen dürfen und in die ewige, unbeschreibliche Herrlichkeit einziehen werden. Allein das wird Grund zur Freude und Anbetung sein: «Nun, Kinder, bleibt in ihm, damit wir Freudigkeit haben, wenn er erscheint …» (1.Joh 2,28). Aber bei aller berechtigten Freude wollen wir uns doch gegenseitig ermutigen, dem Herrn von ganzem Herzen zu dienen und treue Haushalter zu sein, «damit wir uns nicht schämen müssen vor ihm, bei seiner Wiederkunft». Dem Herrn sei gedankt für Seine Liebe und Treue, die Er uns erweist. Und so wollen auch wir treu sein, aus Liebe zu Dem, der uns zuerst geliebt hat, der uns treu ist und wirklich alles, aber auch alles, für uns dahingegeben hat (1.Joh 4,9-11.14-16.19).

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